“Architekt*innen sollten in ihren Gebäuden auch Strafwohnen müssen”, diesen und ähnliche Sätze haben wir im Zuge unserer Recherchen immer wieder gehört. Warum ist das eigentlich so? Warum gibt es Wohnbauten, in denen wir eigentlich nicht wohnen wollen und warum werden diese auch von Architekt*innen errichtet?
Mit viel Enthusiasmus haben wir Architektur studiert und im Laufe des Studiums viele ambitionierte Projektideen und Konzepte für eine bessere, schönere und nachhaltigere Welt gesehen. Wo werden all diese Projekte umgesetzt? Vereinzelt gibt es sie, die Architekturen, auf die wir stolz sein können und diese werden dann auch meist mit Preisen geschmückt, weil sie leider nicht der Standard sind.
Sollte aber zukunftsfähige qualitätsvolle Architektur nicht immer die Grundlage für die Entstehung eines Gebäudes sein? Die gebaute Umwelt ist für 40 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ist es nicht längst das Gebot der Stunde, ausschließlich klimaneutral und qualitätsvoll und sozial zu bauen? Das Argument, man müsse schnellstmöglich preiswert bauen, um den leistbaren Wohnbedarf zu decken, galt vermutlich in der Zeit des Wiederaufbaus. Heute, in Anbetracht der hohen gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen, ist jeder Wohnbau, der nicht den gesellschaftlichen Bedürfnissen entspricht, verantwortungslos und grundlegend abzulehnen.
Eine Wand voller Tagebucheinträge und Fundstücke
Warum wird gewohnt, wie gewohnt wird?
Wir wollen verstehen, warum wir nicht grundsätzlich besser bauen. An welchen Regeln wir schrauben müssen, damit bessere Lebensräume entstehen. Wie kann man bestehende Bauten verbessern? Es gilt auch an den aktuellen Bedingungen und an unserer eigenen Profession zu zweifeln und daraus neue Wege in der Gestaltung und Entwicklung von Lebensräumen zu finden.
Das Zweifeltagebuch gibt Einblick in unsere Feldforschung zum Wohnbau am Eggenberger Gürtel 50-56c in Graz. Im Rahmen unserer Fragemaschine beim Club Hybrid 2021 sind wir auf das Gebäude aufmerksam geworden. Seitdem haben wir den Wohnbau öfters besucht, mit Bewohner*innen und Betreuer*innen gesprochen, die Geschichte des Bauplatzes analysiert und die Regeln, unter welchen Bedingungen dieses Gebäude entstanden ist, betrachtet. Wir haben Qualitäten und Bedarfe gefunden, die uns einen hohen Gestaltungswillen der Architekt*innen und der Bewohner*innen zeigen, jedoch auch Situationen, wo wir an der vorhandenen Wohnqualität und den Planungsprozessen der Profession zweifeln.
Was macht ein gutes Treppenhaus aus?
ZWEIFELTAGEBUCH
Weiterführende Links:
Kulturverein mişmaš
Ausstellung: Zu mir, zu dir, zu uns!
Zeitraum: 10.11.-27.11.2022
Ort: Griesplatz 5, 8020 Graz
Kooperation: Verein mismas, Friedensbüro Graz,
Projektteam: Jomo Ruderer, Julia Fröhlich, Rebekka Hirschberg, Anna Jäger
Im Rahmen der Ausstellung haben wir ein Spaziergang-Experiment organisiert.